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Rechtsanwältin Jacqueline Ahmadi, Fachanwältin für Strafrecht & Verkehrsrecht
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10.02.2019

Wann mache ich mich wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbamte und wann wegen tägtlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte strafbar? Achtung! § 114 StGB sieht eine Mindestfreiheitsstrafe von 3 Monaten vor!



Verschärfungen und Erweiterungen der §§ 113 ff. StGB sowie Auswirkung des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in der Praxis

 

Am 30.05.2017 ist die neue Fassung des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte nach § 114 und des Widerstands gegen oder tätlicher Angriff auf Personen nach § 115 StGB, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen in Kraft getreten. Angriffe auf Vollstreckungsbeamtinnen und -beamte sowie ihnen gleichgestellte Personen werden nunmehr härter bestraft als es in der Vergangenheit der Fall war. Der Gesetzgeber hat die Handlungsvariante des „tätlichen Angriffs“ aus dem Anwendungsbereich des § 113 StGB herausgenommen. Gem. § 113 StGB ist dort nur noch die Gewalt oder die Drohung mit Gewalt als Tathandlung unter Strafe gestellt.

 

Rechtfertigung und Legitimation der neuen Regelung des § 114 StGB

 

Die Einführung des Tatbestandes es § 114 StGB ist nach wie vor stark umstritten. Dieser kriminalisiert denjenigen, der einen Amtsträger oder einen zur Vollstreckung von Rechtsakten berufenen Soldaten „bei einer Diensthandlung“ tätlich angreift. Demnach erhält ein Amtsträger neben § 113 StGB eine weitere Privilegierung. Mit der Einführung des § 114 StGB wurde ein neuer Tatbestand geschaffen, der sich in mehrfacher Hinsicht von § 113 StGB unterscheidet.

In diesem Zusammenhang wird diskutiert, ob es sich bei § 114 StGB um eine Qualifikation des § 113 StGB handelt, oder um eine selbständige Strafvorschrift unabhängig von ihrer Ausgangsnorm. Auf jeden Fall fällt im ersten Augenblick, dass es sich bei § 114 StGB im Vergleich zum § 113 StGB um eine qualifizierte Angriffsnorm handelt. Während § 113 StGB nur dann zur Anwendung kommt, wenn jemand Widerstand gegen einen Vollstreckungsakt leistet, greift § 114 StGB bereits dann ein, wenn sich der Angriff bei einer Diensthandlung, wie z. B. eine Polizeikontrolle, Streifenaktivitäten, Personalienfeststellungen, Befragungen von Zeugen, Beschuldigtenvernehmungen, oder irgendwelche Passanten, Unfallaufnahmen, Reifenkontrollen, Begleitung von Demonstrationen und anderen Veranstaltungen. Die Diensthandlung muss also keine Vollstreckungshandlung wie bei § 113 StGB sein. Die Einführung des § 114 StGB wurde im Regierungsentwurf im Wesentlichen zur Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten rechtfertigt.

 

In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass § 113 StGB nach ganz h. M. vorrangig dem Schutz rechtmäßiger Vollstreckungshandlungen, also einem über dem individuellen Interesse des Amtsträgers, dient, also nur an zweiter Stelle den Schutz des Amtsträgers als Individuum beabsichtigt. § 113 StGB, also der Tatbestand des Widerstands gegen die Vollstreckungsbeamten, wurde ursprünglich geschaffen, um staatliche Vollstreckungsmaßnahmen und damit das staatliche Gewaltmonopol schützen und erst in zweiter Stelle, soll diese den Amtsträger schützen. § 114 StGB regelt den umgekehrten Fall eigentlich. Mit der neuen Regelung des § 114 StGB wurde der Schutz des einzelnen Amtsträgers lediglich bei der Diensthandlung, also nicht Vollstreckungshandlung, im Vordergrund gestellt. Im Vergleich zum § 113 StGB schützt § 114 StGB in erster Linie den Amtsträger. Das überindividuelle Interesse des Amtsträgers an seiner Dienstausübung ist dann zweitrangig. Dies gibt allerdings zu bedenken, zumal die Anwendung des § 114 StGB auch in den Fällen in Betracht kommt, wo die Polizisten z. B. einen Betrunkenen wegen einer Straftat beschuldigen. In solchen Fällen kommt es des Öfteren zu einer Rangelei, wo es zu einer sehr leichten Körperverletzung kommen kann. Deshalb ist zu fragen, ob die weitreichende Anwendung des § 114 StGB wirklich neben den Tatbeständen wie z. B. Körperverletzungsdelikte nach §§ 223ff. StGB, Nötigung nach § 240 StGB und insbesondere Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB sowie Widerstand gegen oder tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten geleichstehen nach § 115 StGB, tatsächlich kriminalpolitisch und verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Demnach werden die Polizisten gegenüber anderen Berufsgruppen privilegiert. Nunmehr ist jemand der einen Polizisten aus welchen Gründen auch immer, vielleicht auch noch in einem alkoholisierten und enthemmt Zustand oder in einer Rangelei, ohne jegliche Verletzungsfolge schubst, wird härter bestraft, als wenn jemand mit einem Faustschlag ins Gesicht und mit entsprechender Verletzungsfolge gegen eine andere Person, die nicht Polizist ist.

 

Hohe Strafrahmen des § 114 StGB und Aufgabe eines guten Strafverteidigers

 

Problematisch ist nunmehr die Anwendung des § 114 StGB in der Praxis, die eine Mindeststrafe von 3 Monaten Freiheitsstrafe vorsieht. Die Aufgabe eines guten Strafverteidigers beim Vorwurf eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte nach § 114 StGB ist bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahren zu versuchen, die Anwendung der Mindeststrafe von 3 Monaten im Hinblick auf § 114 Abs. 2 StGB, der auf § 113 Abs. 3 und Abs. 4 StGB verweist, durch geeignete Maßnahmen wie z. B. Beweisangebote und vor allem Zeugenvernehmung einzuschränken. Denn nach § 113 Abs. 3 StGB ist die Tat nicht nach § 113 Abs. 1 und Abs. 2 StGB oder § 114 Abs. 1 und Abs. 2 StGB strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.

 

Des Weiteren muss ein guter Strafverteidiger stets die Anwendung des § 113 Abs. 4 StGB beim Tatvorwurf des § 114 im Auge behalten. Denn würde der Beschuldigte bei Begehung der Tat irrig annehmen, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld sogar von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

 

Des Weiteren weiß Ihr Strafverteidiger immer, dass der Beschuldigte einer Straftat nach § 113 und § 114 StGB macht sich nicht strafbar, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte und ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten war, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren.

 

Zudem hat das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen nach § 49 Abs. 2 StGB zu mildern, wenn der Beschuldigte den Irrtum nicht vermeiden konnte und ihm nach den ihm bekannten Umständen aber zuzumuten war, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlichen rechtswidrigen Diensthandlung zu wehren.

 

Tipp eines guten Strafverteidigers!

 

Sobald die Polizei Sie wegen einer Straftat verdächtigt, machen Sie bitte unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Vermeiden Sie auch ein Teilgeständnis. Denn man befindet sich beim Vorwurf einer Straftat stets in einer sehr prekären Lage. Deshalb zögern Sie nicht lange und wenden Sie sich vertrauensvoll an einen auf das Strafrecht und Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt.

 

Strafverteidigerin & Rechtsanwältin Jacqueline Ahmadi

Fachanwältin für Strafrecht & Verkehrsrecht